Person legt Münzen in Spardose während Schuldenunterlagen auf dem Tisch liegen - Notgroschen aufbauen trotz Schulden
Ratgeber

Notgroschen aufbauen trotz Schulden – Warum Rücklagen auch bei Schulden sinnvoll sind

Schulden loswerden Ratgeber
9 Min. Lesezeit
Sollte man erst Schulden abbezahlen oder parallel einen Notgroschen aufbauen? Warum finanzielle Rücklagen auch bei Schulden wichtig sind und wie Sie realistisch Schritt für Schritt einen Notfallfonds anlegen.

Hinweis: Dieser Artikel enthält Affiliate-Links. Wenn Sie über diese Links einkaufen, erhalten wir eine kleine Provision. Für Sie entstehen keine zusätzlichen Kosten.

Sie haben Schulden und gleichzeitig soll man Ihnen raten, Geld beiseitezulegen? Das klingt zunächst paradox. Doch genau das ist eine der wichtigsten Strategien, um dauerhaft aus dem Schuldenkreislauf herauszukommen. Ohne finanzielle Rücklagen – einen sogenannten Notgroschen – sind Sie bei jeder unerwarteten Ausgabe wieder gezwungen, neue Schulden zu machen. Und genau so entsteht der Teufelskreis, aus dem viele nicht herauskommen.

Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, warum ein Notgroschen auch bei Schulden unverzichtbar ist, wie viel Sie realistischerweise sparen sollten und welche konkrete Strategie funktioniert, um trotz Schulden finanzielle Sicherheit aufzubauen.

Warum ein Notgroschen auch bei Schulden wichtig ist

Der Teufelskreis ohne Rücklagen

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie zahlen jeden Monat diszipliniert Ihre Schulden ab. Plötzlich geht die Waschmaschine kaputt, das Auto braucht eine Reparatur oder Ihnen bricht ein Zahn ab. Ohne Rücklagen haben Sie nur zwei Möglichkeiten:

  • Sie ziehen das Konto ins Minus und zahlen hohe Dispozinsen (8 bis 14 Prozent)
  • Sie nehmen einen neuen Kredit auf oder nutzen die Ratenzahlung

Beide Wege führen zu neuen Schulden. Ihre mühsam aufgebauten Fortschritte beim Schuldenabbau sind zunichte gemacht. Frustrierend, demotivierend – und vermeidbar.

Der Schutz durch einen Notgroschen

Ein Notgroschen ist Ihr Sicherheitsnetz. Er gibt Ihnen:

Finanzielle Handlungsfähigkeit: Sie können unerwartete Ausgaben aus eigener Kraft bewältigen, ohne neue Schulden zu machen.

Psychologische Sicherheit: Das Wissen, dass Sie einen Puffer haben, reduziert Stress und Ängste erheblich. Sie schlafen besser.

Schuldenfreie Notfallbewältigung: Statt in Panik neue Schulden aufzunehmen, können Sie ruhig und rational handeln.

Langfristigen Erfolg: Studien zeigen, dass Menschen mit Rücklagen deutlich häufiger dauerhaft schuldenfrei bleiben als solche ohne Notgroschen.

Kurz gesagt: Ein Notgroschen verhindert, dass Sie wieder in alte Muster zurückfallen. Er ist die Versicherung gegen den Rückfall in neue Schulden.

Wie viel Notgroschen brauche ich trotz Schulden?

Die Standardempfehlung für Menschen ohne Schulden lautet: 3 bis 6 Monatsausgaben als Notgroschen. Doch wenn Sie Schulden haben, ist diese Summe unrealistisch – und auch nicht Ihr erstes Ziel.

Phase 1: Der Minimal-Notgroschen (500 bis 1.000 Euro)

Ihr erstes Ziel sollte ein Minimal-Notgroschen von 500 bis 1.000 Euro sein. Diese Summe reicht für die meisten kleineren Notfälle aus:

  • Reparatur der Waschmaschine: 300 bis 500 Euro
  • Autoreparatur (kleinere Schäden): 200 bis 600 Euro
  • Zahnarztbesuch ohne Versicherungsschutz: 150 bis 400 Euro
  • Kaputte Brille: 100 bis 300 Euro
  • Neue Winterreifen: 250 bis 400 Euro

Mit 500 bis 1.000 Euro haben Sie bereits ein solides Sicherheitsnetz für die häufigsten Notfälle.

Phase 2: Der erweiterte Notgroschen (1.000 bis 3.000 Euro)

Sobald Ihr Minimal-Notgroschen steht UND Sie parallel Ihre Schulden weiter reduzieren, können Sie das Ziel auf 1.000 bis 3.000 Euro erweitern. Diese Summe deckt auch größere Notfälle ab:

  • Größere Autoreparatur oder neuer Gebrauchtwagen: 1.500 bis 3.000 Euro
  • Mehrere Notfälle gleichzeitig
  • Jobverlust und kurzfristige Überbrückung

Phase 3: Der Vollschutz-Notgroschen (3 bis 6 Monatsausgaben)

Erst wenn Sie schuldenfrei sind oder Ihre Schulden auf ein sehr niedriges Niveau reduziert haben, sollten Sie das klassische Ziel von 3 bis 6 Monatsausgaben anstreben. Das ist Ihr langfristiges Ziel – aber nicht das erste.

Wichtig: Beginnen Sie klein. Selbst 50 oder 100 Euro als erste Rücklage sind besser als nichts. Jeder Anfang ist wertvoll.

Die richtige Balance: Schulden abbezahlen oder Notgroschen aufbauen?

Die häufigste Frage lautet: Sollte ich mein ganzes verfügbares Geld in den Schuldenabbau stecken oder lieber erst einen Notgroschen aufbauen?

Die Antwort: Beides parallel – mit der richtigen Gewichtung.

Die 80/20-Strategie für den Schuldenabbau

Eine bewährte Aufteilung ist die 80/20-Regel:

  • 80 Prozent Ihres verfügbaren Geldes (nach Abzug aller festen Kosten) fließen in den Schuldenabbau
  • 20 Prozent fließen in den Aufbau Ihres Notgroschens

Beispiel: Sie haben nach Abzug aller festen Ausgaben 200 Euro pro Monat übrig.

  • 160 Euro gehen in die Schuldenrückzahlung
  • 40 Euro wandern auf Ihr Notgroschen-Konto

Mit dieser Strategie bauen Sie in einem Jahr einen Notgroschen von 480 Euro auf UND zahlen gleichzeitig 1.920 Euro Schulden ab. Beide Ziele machen Fortschritte.

Ausnahme: Sehr hohe Zinsen

Wenn Sie Schulden mit extrem hohen Zinsen haben (mehr als 12 Prozent, etwa Dispokredite oder Kreditkartenschulden), können Sie vorübergehend die Priorität anpassen:

  1. Erst einen Mini-Notgroschen von 300 bis 500 Euro aufbauen (dauert bei 50 Euro/Monat 6 bis 10 Monate)
  2. Dann alle verfügbaren Mittel auf die hochverzinsten Schulden konzentrieren
  3. Sobald diese Schulden getilgt sind, wieder parallel weitersparen

Wie baue ich realistisch einen Notgroschen auf?

Schritt 1: Separates Konto eröffnen

Eröffnen Sie ein separates Tagesgeldkonto oder Unterkonto speziell für Ihren Notgroschen. Wichtig:

  • Keine EC-Karte für dieses Konto beantragen
  • Nur Online-Zugriff (erschwert Spontankäufe)
  • Nicht mit Ihrem Hauptkonto verknüpft

Warum? Weil das Geld physisch und mental vom Alltag getrennt sein muss. Aus den Augen, aus dem Sinn – bis ein echter Notfall eintritt.

Schritt 2: Automatisieren Sie das Sparen

Richten Sie einen automatischen Dauerauftrag ein, der direkt nach Gehaltseingang einen festen Betrag auf Ihr Notgroschen-Konto überweist. Auch wenn es nur 20 oder 30 Euro sind – die Regelmäßigkeit zählt.

Wichtig: Bezahlen Sie sich selbst zuerst. Das Geld für den Notgroschen geht ab, bevor Sie andere Ausgaben tätigen.

Schritt 3: Kleine Erfolge feiern

Jedes Mal, wenn Sie 100 Euro mehr auf dem Notgroschen-Konto haben, feiern Sie das. Nicht mit Geld, aber mit Anerkennung für sich selbst. Diese kleinen Erfolge halten Sie motiviert.

Schritt 4: Zusätzliche Einnahmen nutzen

Nutzen Sie einmalige Einnahmen gezielt für Ihren Notgroschen:

  • Steuerrückerstattung
  • Bonuszahlungen oder Weihnachtsgeld
  • Verkauf ungenutzter Gegenstände
  • Geldgeschenke

Teilen Sie auch diese Einnahmen nach der 80/20-Regel auf: 80 Prozent für Schuldenabbau, 20 Prozent für den Notgroschen.

Wo bewahre ich den Notgroschen auf?

Ihr Notgroschen muss zwei Kriterien erfüllen:

  1. Jederzeit verfügbar (Liquidität)
  2. Getrennt vom Alltag (mentale Barriere)

Beste Optionen:

Tagesgeldkonto: Ideal, weil täglich verfügbar, aber nicht sofort per EC-Karte nutzbar. Kleine Zinsen sind ein Bonus, aber nicht entscheidend.

Unterkonto bei Ihrer Hausbank: Viele Banken bieten kostenlose Unterkonten. Trennen Sie hier Ihren Notgroschen vom Hauptkonto.

Separates Girokonto (ohne Karte): Alternativ ein zweites kostenloses Girokonto, aber ohne EC-Karte bestellen.

Was Sie vermeiden sollten:

Bargeld zuhause: Zu verlockend für Alltagsausgaben, Diebstahlrisiko

Aktien oder Fonds: Zu volatil, nicht für Notgroschen geeignet

Festgeld: Nicht täglich verfügbar, ungeeignet für Notfälle

Hauptkonto: Zu leicht für Spontankäufe ausgegeben

Was zählt als echter Notfall?

Definieren Sie klar, wofür Ihr Notgroschen gedacht ist – und wofür nicht.

✅ Echte Notfälle:

  • Kaputte Haushaltsgeräte (Waschmaschine, Kühlschrank)
  • Dringende Autoreparaturen (wenn Auto beruflich nötig)
  • Medizinische Notfälle (Zahn, Brille, Medikamente)
  • Jobverlust
  • Unerwartete Nachzahlungen (Strom, Heizung)

❌ Keine Notfälle:

  • Urlaub oder Wochenendtrip
  • Neues Smartphone oder Laptop
  • Kleidung oder Schuhe
  • Geschenke
  • Restaurantbesuche oder Freizeitaktivitäten

Seien Sie ehrlich zu sich selbst: Ist es wirklich ein Notfall oder nur ein Wunsch? Für Wünsche sollten Sie separate Sparziele definieren – nicht den Notgroschen anrühren.

Häufige Fehler beim Notgroschen aufbauen

Fehler 1: Zu hohe Ziele setzen

Viele Menschen wollen sofort 5.000 Euro sparen, scheitern und geben frustriert auf. Besser: Beginnen Sie mit realistischen 500 Euro als erstem Ziel.

Fehler 2: Notgroschen für Nicht-Notfälle nutzen

Der Notgroschen ist kein “Extra-Geld”. Sobald Sie ihn für Alltägliches ausgeben, verliert er seine Schutzfunktion. Seien Sie diszipliniert.

Fehler 3: Schuldenabbau komplett ignorieren

Manche Menschen konzentrieren sich nur auf den Notgroschen und vergessen die Schulden. Das ist falsch. Beides muss parallel laufen.

Fehler 4: Den Notgroschen zu groß werden lassen

Wenn Sie 2.000 Euro Notgroschen haben, aber noch 10.000 Euro Schulden mit 10 Prozent Zinsen, sollten Sie nicht weitersparen. Fokussieren Sie sich wieder auf Schuldenabbau.

Motivationstipps: Durchhalten beim Sparen

Visualisieren Sie Ihr Ziel

Erstellen Sie ein Spar-Thermometer auf Papier und malen Sie jeden gesparten 50-Euro-Schritt aus. Sichtbare Fortschritte motivieren enorm.

Feiern Sie Meilensteine

Bei 200 Euro, 500 Euro, 1.000 Euro – feiern Sie diese Erfolge. Gönnen Sie sich etwas Kleines (aber nicht vom Notgroschen!), etwa einen selbstgekochten Lieblingsessen-Abend.

Erinnern Sie sich an das Warum

Schreiben Sie auf, warum Sie einen Notgroschen brauchen: “Damit ich nie wieder in Panik neue Schulden aufnehmen muss.” Lesen Sie das regelmäßig.

Tauschen Sie sich aus

Sprechen Sie mit Freunden oder in Online-Foren über Ihr Sparziel. Gemeinsam durchzuhalten ist leichter als allein.

Notgroschen aufgebraucht – was nun?

Irgendwann wird der Notfall eintreten, für den Sie gespart haben. Ihre Waschmaschine geht kaputt oder das Auto braucht eine Reparatur. Sie greifen auf Ihren Notgroschen zurück – und genau dafür war er da.

Nach einem Notfall:

  1. Gratulieren Sie sich: Sie haben keinen neuen Kredit aufnehmen müssen!
  2. Starten Sie den Wiederaufbau: Setzen Sie den automatischen Dauerauftrag fort und bauen Sie den Notgroschen wieder auf.
  3. Passen Sie die Prioritäten an: Vielleicht jetzt temporär 50 Prozent für Notgroschen-Wiederaufbau, 50 Prozent für Schuldenabbau.

Der Notgroschen ist keine einmalige Sache – er ist ein dauerhafter Kreislauf von Aufbauen, Nutzen und Wiederaufbauen.

Langfristig: Vom Notgroschen zur finanziellen Freiheit

Der Notgroschen ist nur der erste Schritt zu echter finanzieller Sicherheit. Sobald Sie folgende Meilensteine erreicht haben:

✅ Minimal-Notgroschen von 1.000 Euro steht ✅ Hochverzinste Schulden (Dispo, Kreditkarten) sind abbezahlt ✅ Schuldenabbauplan läuft stabil

… können Sie beginnen, weitere finanzielle Ziele zu verfolgen:

  • Notgroschen auf 3 bis 6 Monatsausgaben erweitern
  • Altersvorsorge starten (auch mit kleinen Beträgen)
  • Vermögensaufbau durch ETF-Sparpläne
  • Größere Träume verwirklichen (Wohneigentum, Weltreise)

Der Notgroschen ist das Fundament. Ohne ihn ist alles andere auf Sand gebaut.

Fazit: Notgroschen und Schuldenabbau gehören zusammen

Einen Notgroschen trotz Schulden aufzubauen ist nicht paradox – es ist unverzichtbar. Ohne finanzielle Rücklagen sind Sie bei jedem Notfall gezwungen, neue Schulden zu machen. Der Teufelskreis geht weiter.

Mit einem Notgroschen brechen Sie diesen Kreislauf. Sie gewinnen Handlungsfähigkeit, Sicherheit und die Chance auf dauerhaften Erfolg beim Schuldenabbau.

Die wichtigsten Schritte:

  1. Setzen Sie sich ein realistisches Ziel: 500 bis 1.000 Euro als erstes Etappenziel
  2. Nutzen Sie die 80/20-Regel: 80 Prozent für Schuldenabbau, 20 Prozent für Notgroschen
  3. Eröffnen Sie ein separates Konto ohne EC-Karte
  4. Automatisieren Sie das Sparen per Dauerauftrag
  5. Definieren Sie klar, was ein echter Notfall ist
  6. Feiern Sie jeden Meilenstein

Beginnen Sie heute. Selbst 10 oder 20 Euro im Monat sind ein Anfang. In einem Jahr haben Sie 120 bis 240 Euro – ein erster Puffer gegen kleine Notfälle. Und das Gefühl, wieder Kontrolle über Ihre Finanzen zu haben? Unbezahlbar.

Sie schaffen das. Schritt für Schritt.

Ähnliche Artikel